Russland entfernt sowjetische Nachkriegstote aus Datenbank Memorial

Russland entfernt sowjetische Nachkriegstote aus Datenbank Memorial

 

Russland verunmöglicht die eigenständige Suche von Angehörigen nach Grablagen ihrer nach 1946 in Deutschland während der Besatzungsjahre in Reihen der Sowjetarmee verstorbenen Verwandten.

Die Datenbank „Memorial“ war für viele Menschen auch außerhalb Russlands über Jahre hinweg die einzige Möglichkeit, ohne Kontakt zu russischen Behörden nach dem Verbleib ihrer nach 1946 (also nicht unmittelbar infolge des 2. Weltkrieges) in Reihen der Sowjetarmee umgekommenen Angehörigen zu forschen – zum Beispiel, wenn Originaldokumente über Tod und Beerdigung nicht auffindbar oder aber den Eltern bzw. nächsten Angehörigen gar nicht erst ausgehändigt worden waren.

 

Viele von ihnen ruhen in Gräbern ohne oder mit falschen Namen und Lebensdaten, und Memorial bot eine Möglichkeit, über Verlustlisten und andere interne Dokumente doch noch das richtige Grab zu finden. Nach einem Relaunch zu Jahresbeginn sind diese vielen Tausend Toten nicht mehr in der Datenbank auffindbar.
Memorial versteht sich nunmehr selbst ausschließlich als Dokumentationsboard der
„Verteidiger des Vaterlandes getötet im Kampf, verstorben oder vermisst infolge des Großen Vaterländischen Krieges sowie in der Nachkriegszeit“. Die Tausenden von Soldaten und Zivilangestellten, die im Zeitraum von 1947 bis 1989 auf deutschem Boden und in anderen Warschauer-Pakt-Staaten die Interessen des Vaterlandes vertraten und dabei ihr Leben ließen, sind jedoch in der Datenbank nicht mehr aufgeführt. Sie werden auf diese Weise zu „unnützem Ballast“ degradiert, der in eine solche Datenbank nicht hineingehört. Es ist der jüngste Beleg dafür, dass Russland kein Interesse an diesen fürs Vaterland gestorbenen Menschen und auch nicht an deren Angehörigen hat. Das war bereits in der Zeit des heißen Kampfes erstmals deutlich geworden, den meine Freunde um den Erhalt meines Nordflügels geführt hatten – Moskau hatte sich mit der seitens meines noch-Eigentümers geplanten weitgehenden Anonymisierung der Grablagen einverstanden erklärt und sich auch ansonsten aus dieser Angelegenheit herausgehalten. Aus der russischen Botschaft waren zu den Vorgängen regelmäßig keine Stellungnahmen zu erhalten gewesen.

Die jüngste Tilgung der Nachkriegstoten aus den Besatzungsjahren aus der Gedächtnis-Seite „Memorial“ unterstreicht diese Position des Desinteresses und des Verschweigens der vielen Tausend Toten, die die rund 45-jährige sowjetische Besatzung in weiten Teilen Ost- und Mitteleuropas gekostet hat. Wer jetzt – wie aktuell eine Familie aus Russland – nach dem Grab ihres in den 50er-Jahren verstorbenen Angehörigen sucht, der kann künftig nicht mehr auf Memorial als Recherchequelle zurückgreifen. Russland trägt damit aktiv dazu bei, dass diese Menschen und die Politik des Militarismus und der Unmenschlichkeit, die häufig zu ihrem Tod führte, in Vergessenheit geraten.

Umso wichtiger sind Datenbanken wie die, die über die Toten in meiner Erde geführt wird. Wer also das Grab eines nach 1947 im Dienste der Sowjetarmee im Bereich Dresden verstorbenen Angehörigen sucht, sollte unbedingt Kontakt zur Seitenbetreiberin aufnehmen.

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