Zwei Augen mehr für den Südwestflügel auf dem Garnisonfriedhof
Nächstes Jahr werden es 60 Jahre sein. 60 Jahre, da Hauptmann Iwan Schamkin mit gerade 30 Jahren plötzlich aus dem Leben gerissen wurde, dass seine Frau und die beiden damals noch kleinen Töchter Mann und Vater verloren. Begraben wurde Iwan Wassiljewitsch Schamkin, der aus der Ukraine stammte, am 23. Juli 1959 auf dem Sowjetischen Garnisonfriedhof Dresden, meinem Südwestflügel. Heute ist all das fast genau 59 Jahre her. Für Tochter Jelena Schamkina aber blieb die Erinnerung an den Vater, den stolzen Luftwaffenoffizier, bis heute lebendig – genau so, wie es die Inschrift auf dem Grabstein versprach. Der trug damals auch noch eine Bildnistafel des Verstorbenen, die längst verschwunden ist. Vier Jahre alt ist Lena acht Wochen zuvor geworden, ihre ältere Schwester Ljudmila sechs Wochen zuvor sechs, als das Schicksal beide zu Halbwaisen macht.
Ende Mai ist Jelena Schamkina, inzwischen 63 Jahre alt und im ukrainischen Nikolayiv lebend, zum zweiten Mal nach Dresden gekommen, das Grab ihres Vaters auf dem Garnisonfriedhof zu besuchen. Noch vor dem Mauerfall war sie 1989 das erste Mal bei mir zu Gast – damals noch gemeinsam mit ihrer Mutter. „Da waren die Sowjettruppen noch dort“, schreibt Jelena an meine Freundin Jane Jannke. Ob man ein Foto anbringen könnte auf dem Grabstein? Inzwischen blickt Hauptmann Schamkin längst ernst von Cottaer Sandstein herab und bereichert damit in der letzten Reihe meinen 64 Offiziersgräber aus den Jahre 1954 bis 1967 zählenden Südwestflügel. Es ist das zweite Foto, das in dieser Abteilung in den letzten fünf Jahren hinzukam. Somit zählt der Südwestflügel des Garnisonfriedhof nunmehr drei erhaltene Bildnistafeln.
Die genauen Umstände von Hauptmann Iwan Schamkins Tod bleiben aus Respekt vor der Familie ungenannt. In meiner Erde wurden auf dem Garnisonfriedhof zahlreiche Angehörige der bei Großenhain stationierten Bomberstaffeln der 16. Luftarmee beerdigt. Viele kamen bei Flugzeugabstürzen oder – zusammenstößen ums Leben.